Ich bin unterwegs nach Süden. Ans Meer, klar. Aber auch an den Flüssen entlang. Und über mehr als sieben Berge. Zwischendurch gibt es immer wieder einen Schnappschuss. Die schönen Augenblicke festhalten. Nicht alle. Nur einige. Zum Mitreisen mit den Augen. Viel Spaß!


Meine Reisen 2020 (u.a. Italien von Nord nach Süd) findest du hier.


2021: Im Mai kann es nach dem langen Lockdown endlich wieder losgehen ...

Erster Halt in Südfrankreich auf dem Weg nach Portugal. Im dritten Anlauf muss es doch klappen, dorthin zu kommen! Hier entspanne ich mich bei einem Glas Wein und stoße auf die ersten 1000 km an. Salut! Da ich für Frankreich, Spanien und Portugal einen PCR-Test brauche, muss ich mich beeilen, um vor Ablauf der Testgültigkeit in Portugal anzukommen.

Geschafft! Am Nachmittag des zweiten Tages komme ich in Miranda do Douro an. Ab jetzt geht es nur noch aufwärts! Der Gewaltritt und das schlimme Wetter liegen hinter mir. Für meinen Test hat sich übrigens kein Mensch interessiert. Die Sonne scheint und ich kann endlich die Socken ausziehen!

Die Landschaft fast irisch. Saftige Grüntöne überall in der hügeligen Landschaft, uralte Mauern aus lose übereinander geschichteten Steinen. Der leuchtende Ginster setzt überall Farbakzente. Auch die Uhrzeit ist die gleiche wie in Irland. Ich muss meine Uhr eine Stunde zurückstellen.

Spannend, so ein altes, neues Land wiederzuentdecken. Die Tore sind offen, die Wege sind frei. Alles ist möglich. Bom dia, Portugal!

Der Grand Canyon von Portugal liegt hier an der spanischen Grenze. Der Douro kommt aus dem spanischen Hochgebirge und hat sich tief in die Felsen eingegraben. Zwischen meinem Schuh und dem Wasser liegen 200 Höhenmeter. Gut, dass die Schnürsenkel festsitzen.

In Barca d'Alva, dort wo der Douro nach Westen abknickt und Richtung Porto fließt, treffe ich den Dichter, Philosophen und Literaturprofessor Agostinho da Silva an der Mole. Wir unterhalten uns prima über das Schreiben, Lesen und das Leben überhaupt und werden beste Freunde. Zum Schluss schauen wir einfach gemeinsam den Wassern des mächtigen Flusses zu, die doch ewig fließen ...

Mein zweiter Campingplatz, Toca da Raposa, liegt mitten im schönen Nirgendwo am Fuße der Serra da Estrela, Portugals höchstem Gebirge. Ein wunderbar entspanntes, kleines Fleckchen ohne überflüssigen Schnickschnack. Aber es gibt sechs belgische Biere im Angebot, da lasse ich den geliebten Vinho Verde schon mal stehen ...

Im Sternen-Gebirge kann man herrlich wandern. Und das beste: Ich sehe keinen einzigen Mountain-Biker. Allerdings auch kaum einen anderen Wanderer. Das Wasser schießt nur so rechts und links zu Tal. Alles ist grün und voller Leben

Eine gute Stunde Autofahrt entfernt liegt Coimbra, die alte Universitätsstadt. Wenn man über den Fluss auf Coimbra zufährt, sieht man schon, was das Leben in diesem beschaulichen Städtchen bestimmt: Ganz oben keine Kirche, kein Rathaus, nein, oben liegen all die Unigebäude. Entsprechend ist die Atmosphäre nicht alt und beschaulich, sondern jung und lebendig.

Abschiedsabend im Camp Toca da Raposa mit selbstgemachter Steinofenpizza und Hausmusik. Viele Portugiesen aus der Umgebung kommen und Pizza und belgisches Bier gehen weg wie nix. Zusammen essen, zusammen trinken und quatschen, und dazu noch Live-Musik - das habe ich wirklich vermisst in den letzten Monaten. Der wunderbaren Seele des Platzes habe ich schon angekündigt, dass ich auf dem Rückweg wieder vorbeikomme. Und zwar Mittwochabend, wenn wieder gefeiert wird...

Ich muss endlich ans Meer! An der Costa Vicentina erwartet mich der Atlantik, ich sauge die salzige Luft ein, stürze mich in die Riesenwellen, lasse mich umschmeißen und anschließend trocknen im warmen Sand. Herrlich!

Eine wilde Küste mit Steilhängen, Felsenkliffs und wunderschönen Badebuchten. Der kleine Ort mit dem exotischen Namen Zambujeira thront über dem Meer, hat kleine Geschäfte, Cafés und Restaurants, farbenprächtige, kleine Häuser - und einen wunderbaren Zeltplatz! Ein magisches Fleckchen Erde.

Zu beiden Seiten der Steilküste verlaufen oben Wanderpfade durchs Naturschutzgebiet, von denen man atemberaubende Blicke auf die wild zerklüfteten Felsformationen und Buchten hat. Die tosenden Wellen kann man auch oben noch gut hören.

Fahrradtour nach Odeceixe, wo einst Jaschek bei Fernando übernachtete (Du machst Gesicht, mein Lieber, mein Lieber, alles klar?). Von Fernando keine Spur mehr, aber der Ort ist immer noch hübsch. Und es gibt gegrillte Sardinen in Erinnerung an damals, als Jaschek beim Dorffest kleine, knusprige Fische vom Grill angeboten wurden, die man komplett essen konnte, mit Haut und Haar.

Überall im Alentejo sieht man Störche, sogar mitten auf Felsen in der Atlantik-Brandung. Die haben keinen Bock mehr auf Mecklenburg und bleiben einfach das ganze Jahr hier im Warmen. Einige Pensionäre haben dieses Modell ja auch schon erfolgreich getestet. Allerdings halten die das stundenlange Stehen auf einem Bein nicht mehr so gut aus. Daher kommt der alte Spruch: Auf einem Bein kann man nicht gut stehen ...

Hier müssen sie sich die Futterplätze nur mit den Möwen teilen und haben immer eine prima Aussicht auf die Großwetterlage. Die Störche, nicht die Rentner. Wie hier von diesem imposanten Felsen, der aussieht, als habe ihn der alte Schuster in Lagos zugeschnitten.

Vielleicht ist dies hier sogar sein Portrait, wenn er ein wichtiger Mann in Lagos war. Sein kleines Geschäft ist um die Ecke. Weiter unten in der schön verwinkelten Altstadt sieht man blau-violett blühende, zart duftende Jacarandabäume, deren Blüten das Pflaster wie mit einem blauen Teppich bedecken.

Auf der Ostseite wirkt die Algarve etwas ruhiger und beschaulicher, mit den vorgelagerten Inseln ist auch gleich das Ballermann-Feeling weg. Nur die flotte Kommissarin Graciana aus den Algarve-Krimis Lost in Fuseta habe ich nicht gesehen. Dabei ist das ihr Revier. Ab und zu gibt es sogar noch kleine, alte Dörfer wie Cacela, ein paar kleine Fischerhäuser, eine Kirche mit prima Ausblick und zwei Restaurants. Mehr braucht es doch nicht.

Die alte Fähre, mit der man über den breit und träge dahinfließenden Guadiana rüber nach Spanien kommt. Oder umgekehrt. Als Jaschek hier rüberfuhr, war es eine Autofähre, die den kompletten Transfer erledigte. Jetzt fahren die Autos über die Autobahnbrücke und nur noch ein paar Touristen gönnen sich die Fähre. Ich sehe acht Mann Besatzung und sechs Fahrgäste. Viermal am Tag fährt sie nur noch, da muss man gut aufpassen, dass man wieder retour kommt. Zum Zurückschwimmen ist der Fluss zu breit. The water is wide, and I cannot get over, nor have I wings to fly ...

Das Hinterland entlang der portugiesisch-spanischen Flussgrenze des Guadiana ist schön, aber sehr sehr einsam. Eine wilde, karge Gebirgslandschaft ohne Mensch und Tier. Ich bin froh, als ich endlich im kleinen Städtchen Alcoutim lande und wieder Leute sehe. Mein Tank ist auch schon längere Zeit im Warnzustand, hier wird es ja wohl eine Gasolinera geben. Leider ein Irrtum. Schmuggeln die Einheimischen das Benzin von der spanischen Seite rüber, wo es 20 bis 30 Cent billiger ist? Vielleicht, ich kann hier einen prima Kaffee trinken und schöne Fotos von der hübschen, kleinen Stadt am Fluss machen, aber nicht tanken. Das geht erst 40 Kilometer weiter, nach einer weiteren Fahrt durch völlig menschenleeres Gebiet, in Mertola. Dort gibt es neben einer imposanten Burg schöne Hausbemalungen mit Mensch und Tier. Natürlich auch mit dem allgegenwärtigen Storch. 

Ausflug nach Monchique, ein niedliches Städtchen im Monchique-Gebirge. Ein paar hundert Meter oberhalb hat man einen weiten Rundumblick auf die Algarve und die Westküste. Ich erkenne Cabo Vicente, Sagres und Lagos wieder und verabschiede mich nochmal von oben. Viel Wasser fließt von hier oben herunter bis zum Meer. Im Städtchen begegnet man diesem jungen Mann, er hat seinen Cafezinho schon getrunken. Und auf dem Platz unten ist ein Lehrer verewigt, der anscheinend im Freien und sehr altersgemischt unterrichtet hat. Wie fortschrittlich - und coronakonform ...

Auf dem Rückweg fallen sie mir besonders auf, die Korkeichen. Der Baum des Alentejo und der wichtigste Exportartikel Portugals. Ein Portemonnaie und eine schicke Kappe aus Kork habe ich mir schon in Coimbra geholt. Dazu kommt noch ein Brillenetui aus Kork, weil ich mich dummerweise auf meine Brille gesetzt habe. Soll nicht wieder vorkommen. Wasserfest, leicht, schön anzuschauen, besser als Leder, ewig haltbar - mal schauen, was von den Versprechungen zu halten ist...

 

Die Korkbäume sehen imposant aus, nicht so sehr wegen ihrer Größe, sondern der Form ihrer Äste und der Silhouette. Platz brauchen sie. Und Licht. Wer braucht das nicht? Dafür sind sie dürreresistent und überstehen sogar Waldbrände. Nur Frost mögen sie nicht. Aber hier im Süden friert es sehr selten. Nach 20 bis 30 Jahren werden sie zum ersten Mal geschält. Vorsichtig, und immer nur ein Teil der Rinde. Auf dem roten, geschälten Teil der Korkeiche wird die Jahreszahl geschrieben. Die nächste Rasur darf erst nach 9 bis 10 Jahren erfolgen. Auf diese Weise wird der Baum 200 Jahre alt.

Der örtliche Bäcker in Zambujeira wird mir empfohlen. Ich habe ihn bisher nicht gesehen, weil er in einer kleinen Seitenstraße einen sehr unscheinbaren Laden betreibt. Ich lasse mir extra Zeit morgens, weil ich vermute, dass der Hauptansturm um 9 Uhr vorbei sein müsste. Falsch vermutet! Um 9 bin ich der zehnte in der Schlange und die Padaria macht gerade auf. Und es zieht sich. Und die Senhora vor mir lässt immer so einen besonders großen Abstand. Und es dauert, bis die Leute aus dem winzigen Lädchen wieder rauskommen. Dabei wollen alle doch vermutlich dasselbe: Brot und Pastel de Nata, das National-Teilchen der Portugiesen. Aber anscheinend bin ich, der Alemao, hier der einzige, der zapplig und unruhig wird. Alle anderen stoisch, ein Herr liest seine Zeitung im Stehen, die älteren Damen haben sich so viel zu erzählen, dass sie ihre Konversation natürlich erst zu Ende führen, obwohl sie längst dran sind. Und mit der Bäckersfrau drinnen wird dann weiter erzählt.

 

Keiner regt sich auf. Und ich merke, wie ich tief durchatme und denke: Entspann dich! Du bist hier im Urlaub! Genieß den makellos blauen Himmel und die sich immer mehr steigernde Vorfreude auf das Frühstück! Um halb zehn bin ich dran. Die Bäckersfrau fragt, wo ich herkomme, merkt schnell, dass ich mehr zum Kaufen als zum Erzählen gekommen bin und bedient mich dann zügig. Ich erwische grade noch die letzten beiden Pasteis de nata! Radle stolz zu meinem Campingplatz, brühe mir meinen Kaffee in der Druckkanne auf - und das Frühstück wird ganz besonders schön!

Fassadenpoesie in Santiago do Cacém:
Hinter den Fenstern dieser Häuser

blieben begeisterte Menschen zurück

in den Stunden, in denen sie durch die Glut gingen.
Die Ohren derer, die es wagen, ihre Füße zu bewegen
warten, bis der Anfang vom Ende sich bewegt.

Auf dass das Gewicht ihrer Seelen

sich von den Treppenstufen erhebe.

Die Fassaden der typisch kleinen Häuser der kleinen Leute in Santiago. Auf was warteten sie hinter den Fenstern? 1974 auf das Erkennungszeichen der Revolution, das Lied "Grandola villa morena", ein genauso kleines Städtchen, ganz in der Nähe.

Und oben über Santiago die verwunschene alte Burg, die schon alles gesehen hat: die Mauren, die Fliesen und Künste nach Portugal brachten, die Unabhängigkeitskriege mit den Spaniern, portugiesischen Könige und Königinnen, den verhassten Diktator und Francofreund Salazar, den Putsch der jungen Offiziere und die Segnungen und Schattenseiten der Demokratie im Kapitalismus. Die Portugiesen sind begeisterte Europäer. Aber die Löhne in Portugal sind erschreckend niedrig. Von einer Arbeitsstelle können viele nicht leben. Und die Drecksarbeit in den Obst- und Gemüseplantagen machen inzwischen Arbeitssklaven aus Indien.

Nach verschiedenen Hunde- und Katzenbekanntschaften auf den verschiedenen Campingplätzen kommen mich hier Henne Agata mit ihren beiden Freundinnen (vielleicht auch Schwägerinnen?) Rosa und Isabella von Kastilien besuchen. Agata steht Schmiere, während die Freundinnen das Korkeichen-Unterholz nach verwertbaren Krumen absuchen. Brotkrümel gibt's bei mir fast immer, manchmal auch einen leckeren Teebeutel. Als ich morgens wegfahren will, haben sich die drei vor meinem Auto postiert, als wollten sie Sitzstreik machen. 

Ich kann sie dann aber doch überreden, die Straße freizumachen, sodass ich nach Èvora fahren kann, einer hübschen und sehr lebendigen kleinen Universitätsstadt im oberen Alentejo. Mit ihren schönen Gassen, kleinen Läden und Arkaden erinnert sie mich an Bologna - aber in klein. Man kann auf das Dach der großen Kathedrale steigen und weit über die Stadt bis zu den Bergen im Hintergrund gucken. Danach steigt man dann herunter zum schönen Kreuzgang.

Ich bin jetzt im hohen Alentejo an der spanischen Grenze. Schon die Römer siedelten hier auf einem 850 Meter hohen, schroff abfallenden Bergkamm. Später eroberten die Mauren den hochliegenden Ort und errichteten eine eindrucksvolle Burganlage, die sich mit dem Felsen verbindet. Der Ort heißt noch heute Marvao, nach dem Bauherrn, dem Wesir Ibn Marwan. Nach der Vertreibung der Mauren nutzten die portugiesischen Könige die schwer einzunehmende Burg als Bollwerk gegen die Spanier.

Von diesem Turm an der Spitze der Burganlage sieht man weit ins Land, rüber nach Spanien und zum Estrela-Gebirge im Norden. Hier gibt es neben Kork- und Steineichen viele Ölbäume. Die gesamte Burganlage ist gut erhalten und man kann einen großen Teil des schönen Ortes und der Burg auf der Burgmauer umrunden und dabei in die Tiefe schauen.

Ein verzauberter Ort, wie aus dem Bilderbuch der Phantasie und der Vergangenheit. Aber es gibt ihn tatsächlich.

300 Höhenmeter tiefer fließt der kleine Grenzfluss Sever, hier sind von der uralten Brücke nur noch die Steine übriggeblieben, über die man springen kann, wenn man nicht durchs Wasser laufen will. Ein paar Kilometer weiter gibt es die alte Römerbrücke.

Der kleine Ort heißt Portagem, ein wichtiger Übergang seit der Römerzeit. Jetzt nur noch Fußgängerbrücke, aber gerne benutzt, denn Portagem hat ein viel besuchtes Fluss-Freibad. Auf einer Länge von ca. 300 Metern wurde der Fluss gestaut und man kann herrlich im kalten Wasser schwimmen. 

Während Kinder im flacheren Bereich herumtollen und von den Großeltern bewacht werden, die am liebsten nur mit den Waden im Wasser stehen, springen am anderen, tiefen Ende die Jungs vom Brückengeländer ins Wasser. Der Rest der Familien sitzt rechts unter schönen alten Bäumen auf der Wiese auf der Picknickdecke oder spielt Fußball. Ein Freibad, das seinem Namen Ehre macht. Denn natürlich kostet es nichts. Und wenn die Letzten abends gegangen sind, ist die Wiese erstaunlicherweise frei von Müll.

Ein uriges und inspirierendes Stückchen Erde hier im Nationalpark Sao Mamede, wunderschöne, alte Wege zum Wandern und kleine Sträßchen zum Radfahren, auf denen man fast keine Autos trifft. Überall schöne Steinwälle und uralte Korkeichen.

Nasskalter, aber stimmungsvoller Abschied von Portugal im Norden. Weiter geht's über die Grenze nach Galicien zum Canyon des Sil, hoch oben in den Bergen. Es regnet ohne Unterbrechung, die Straße wird immer kleiner, jetzt kommt noch Nebel dazu. Ein Gefühl wie in den schottischen Highlands. Hinter einer Kurve wird die Steigung heftig, ich versuche, in den ersten Gang zu schalten. Abgewürgt. Der Motor springt zwar sofort wieder an, aber ich komm nicht weg, die Vorderräder rutschen durch wie im Winter auf Glatteis. Warnblinker an, ausgestiegen. Die rechte Straßenseite ist mit nassem Sand und Geröll bedeckt. Ich lasse den Wagen etwas zurückrollen und versuche es nochmal. Nichts. Was tun?

 

Hier am Ende der Welt kommt eh keiner vorbei. Also lass ich den Wagen vorsichtig in die Mitte der kleinen Straße zurückrollen. Das rechte Vorderrad hat wieder Asphalt unterm Gummi! Juchhu! Im ersten Gang geht es vorsichtig weiter, schneller kann man bei dem Nebel sowieso nicht voran. Oben ein winziges Dörfchen und der urige Zeltplatz mit diesem Ausblick auf den Canyon.

Am nächsten Morgen Frühstück bei 11 Grad und Dauernieseln. Ich weigere mich standhaft, meine Wollsocken anzuziehen. Gut gestärkt geht es quer durch Galicien bis an die Nordküste. Dort ist der Regen etwas wärmer und die Küstenstraße spektakulär. Man fährt fast nur über Viadukte und kilometerlange Brücken. Schon diese Vorstellung hätte bei mir vor zwei Jahren noch Panikattacken ausgelöst. Jetzt kann ich es genießen, noch nicht immer runtergucken, aber in die wunderschöne Landschaft in allen Grüntönen, die man sich nur vorstellen kann. Im letzten galizischen Hafenstädtchen steht dieses Brautpaar und wartet auf seinen Termin, Vermutlich schon länger als Corona ...

Mein Ausblick vom kleinen Campingplatz bei Candas in Asturien. Ich sitze direkt über den Felsen und höre die Brandung unter mir. Hier ist das Wetter zwar auch bedeckt mit Schauern, aber wärmer. Und ab und zu schaut sogar die Sonne hervor. 5 Minuten mit dem Fahrrad entfernt das lebendige Hafenstädtchen Candas, wo ich abends in einer der vielen Kneipen das Fußballspiel gegen Portugal sehe. Die Spanier interessiert das nicht sonderlich, aber sie geben mir reichlich Rotwein, Oliven und Nüsschen.

Auch für das Spiel ihrer eigenen Mannschaft interessieren sie sich nur mäßig. Nur wenn ein Tor fällt, unterbrechen sie schlagartig ihre lautstarken Unterhaltungen und schauen mal kurz auf den Bildschirm. Wahrscheinlich sind sie mit ganz anderen Dingen beschäftigt, zum Beispiel mit den Vorbereitungen für das jährliche große Sardinenfest, das im letzten Jahr leider ausfallen musste.

Ausflug nach Oviedo. Eine wunderbare Stadt, eine Mischung aus Barcelona und der Cité von Paris in komprimierter Fassung. Obwohl es Sonntag ist, sind die Straßen belebt, es gibt Märkte und überall Kneipen und Cafés. Wenn man in Spanien ein Glas Wein bestellt, bekommt man automatisch Oliven, Nüsse oder Chips dazu. Für einen Preis, für den man bei uns noch nicht mal einen Espresso kriegen würde.

Na, worauf wartet dieser elegante Senor mit seinen Koffern wohl? Doch nicht etwa auf seine Frau? Die suchte noch ihren schönen Hut und ist auch an einem ganz anderen Platz ...

Ausflug in die Picos de Europa zu einem kleinen Gebirgsbach, in dem man unter einer alten Römerbrücke herrlich schwimmen kann. Allerdings nicht zu lange. Das Wasser ist grün und klar, aber sehr kalt. Da es, wie anscheinend häufig in Asturien, gerade regnet, ist der Unterschlupf unter der Brücke sehr praktisch für die Anziehsachen. Man mag ja ungern mit Gänsehaut in nasse Klamotten steigen.

Wieder zurück auf meinem Felsenplätzchen mit Blick auf die Bucht von Candas. Ja, Asturien ist nass, aber wunderschön. Aber dann zieht's mich doch ins warme und trockene Südfrankreich in die Nähe von Sète. Dort erlebe ich, wie die Franzosen Fußball gucken. Als ich ins Bistro komme, um Moule frites zu essen, wundere ich mich, warum die Bedienung und auch einige der Gäste Girlanden im Haar und lustige Hütchen haben. Kindergeburtstag? Als die Kellnerin mit einem kleinen Stempel rumgeht und die restlichen Gäste damit schmückt, fällt es mir wie Schuppen von den Haaren: Sie machen sich schön für das Spiel gegen Portugal! Als ich zu Bedenken gebe: Je suis Allemand! lächelt sie und antwortet, das sei doch egal, ich sei ja jetzt in Frankreich und natürlich müsste ich zu Les Bleus halten. Schwupps, habe ich rechts und links die Trikolore im Gesicht!

Au revoir, hasta la vista und Adeus!